Aufbau von Vergabeunterlagen – oder wie behindere ich eine erfolgreiche Beschaffung?

Erschienen auf Vergabeblog.de

Dieser Beitrag richtet sich an Personen, die mit der Erstellung von Vergabeunterlagen befasst sind. Es soll ein Einblick in verschiedene Problembereiche gegeben werden, die uns in unserem Beratungsalltag begegnet sind und welche eine erfolgreiche Beschaffung behindern können. Auch, wenn der Artikel die Vergabeunterlagen als Fehlerquelle in den Fokus rückt, soll in keinem Fall die Anerkennung für den Aufwand der Erstellung eines kompletten Satzes an Vergabe- oder Angebotsunterlagen geschmälert werden.

Vergabestellen und Fachbereiche berücksichtigen zahlreiche rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen bei der Beschreibung des Beschaffungsgegenstandes – und schaffen ein komplexes Werk, welches für sich allein gestellt schon eine herausragende Leistung ist.

Wer von uns kennt es nicht

Bieter unterbreiten auf Grundlage dieses Werk ein Angebot, welches nicht nur fachlichen, sondern auch formalen und rechtlichen Anforderungen genügen muss. Während eines Verfahrens gibt es jedoch viele Fehlerquellen. Bei einer Beschaffung stellt es sich z.B. oft im Rahmen der Angebotsphase eines Vergabeverfahrens oder im Leistungszeitraum des bezuschlagten Angebots heraus, dass die Vergabeunterlagen unklare oder missverständliche Vorgaben oder Bezüge enthielten. Durch diese eröffnete sich ein ungewollter Interpretationsspielraum, der erst durch nachträglich zu Tage kommende Unstimmigkeiten auffällt. Im Vergabeverfahren besteht oftmals die Sorge einer Rüge und Nachprüfung, mit entsprechenden Risiken und Folgen. Im Leistungszeitraum hingegen besteht die Furcht nach einer, aus Sicht des Auftraggebers, ungenügenden Leistungserbringung.

Besonders interessant wird es, wenn ein Urteil einer Nachprüfungsinstanz ergeht, welches Auswirkungen auf die eigene, aktuell laufende Beschaffung hat. Dann gilt es, eine genaue Übertragbarkeit des Urteils auf die eigene Beschaffung zu prüfen. Hat das Urteil Auswirkungen auf die eigene Ausschreibung? Welche Möglichkeiten bestehen, die Unterlagen noch anzupassen, muss ich ggf. die Ausschreibung aufheben und neu ausschreiben?

In der Praxis begegnet uns häufig noch ein anderer Fall: Das Fehlen von Dokumenten oder Informationen. Dies kann alle Parteien eines Vergabeverfahrens betreffen: Bieter melden sich, weil Dokumente bei den Vergabeunterlagen fehlen. Aber auch Vergabestellen erkennen oftmals bei der Prüfung von Angeboten, dass angeforderte Informationen fehlen/nicht eingereicht worden sind. In beiden Fällen entstehen vermeidbare Situationen. Im ersten Fall geht die Nachreichung von Vergabeunterlagen oftmals mit einer Fristverlängerung einher, der zweite Fall führt im Zweifel zum Ausschluss eines ansonsten aussichtsreichen Angebotes.

Dies führt uns zum Kern unseres Beitrags. Es geht darum vermeidbare, wiederkehrende Fehlerquellen zu reduzieren. Insbesondere gehen wir auf Fehlerquellen ein, welche sich im eigenen Einflussbereich steuern lassen, nämlich demAufbau der Vergabeunterlagen.

Typische Fehlerquellen
Was haben die o.g. Punkte gemeinsam?

Im Grunde sind dies alles Beispiele, in welchen die Vergabeunterlagen intransparent waren und dies zu Fehlern führte.

Man könnte nun natürlich ansetzen und sagen: Diese Fehler lassen sich, jeder für sich, durch weitere Checklisten und Arbeitsanweisungen vermeiden. Dies wäre zwar im Einzelfall ggf. hilfreich, jedoch insgesamt zu kurz gesprungen und auf Dauer als Strategie nicht hilfreich.

Woher rühren die Fehler, direkt und ggf. auch indirekt? Was sind Gemeinsamkeiten oder die grundsätzlichen Wünsche, die zu diesen Situationen geführt haben? Bezogen auf die in diesem Beitrag genannten Beispiele sind die Gemeinsamkeiten

  • Die Vermischung von Phasen in Dokumenten oder Kapitelbereichen
  • Den Wunsch nach mehr bieterseitigen Bestätigungen (Unterschriften, Kriterienbestätigungen)
  • Es besteht kein klares Konzept der Vertragslage ab Zuschlag
  • Den Wunsch nach möglichst viel Ermessenspielraum und gleichzeitiger Sicherheit bei der Angebotsauswertung

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich einige direkte Vorschläge für transparentere Vergabeunterlagen ableiten.

Fazit

In diesem Beitrag wurden Beispiele aufgezeigt, die illustrieren wie erfolgreiche Beschaffungen behindert werden können. Für Leser, welche diese üblichen Fehlerquellen vermeiden möchten, haben wir praxisrelevante Vorschläge für die Erstellung und Zusammenstellung von Vergabeunterlagen aufgezeigt.

Auch wenn einige der aufgeführten Beispiele und Vorschläge vielleicht schon bekannt waren, hoffen wir, Ihnen den ein oder anderen Impuls mitgegeben zu haben, mit welchem sich Ihre Vergabepraxis weiterentwickeln wird.

Ein Beitrag unseres Mitarbeiters Sebastian Hürthen

Als erfahrener IT- und Vergabeberater möchte er sein Know-how im Bereich der Ausschreibungen einbringen, um so einen Beitrag zur Verbesserung des öffentlichen Beschaffungswesens zu leisten.